Vinyl für Jungfrauen – Teil II. Mastering.
Immer mehr Musikliebhaber legen wieder Vinyl-LPs auf. Egal, welches Genre sie bevorzugen. Ob Klassik, R&B, Soul, Funk, Rock oder Hip Hop. Immer mehr zieht die bewährte Audiotechnik wieder in unsere Wohnzimmer ein. Künstlerisch gestaltete Plattencover zieren Regale und Wände. Doch wie sieht eigentlich der Weg von der Musikaufnahme zur Platte aus, die sich dann bei uns dreht?
Vinyl Produktion
Für alle, die bei den Themen der Entstehung und Herstellung von Vinyl-LPs noch jungfräulich sind, ist dieser Beitrag genau richtig. Hier erhalten Sie jetzt das erste Wissenspaket zur Herstellung von Platten. Wir erläutern die Arbeitsschritte und Methoden, die eine Platte durchläuft, bevor sie gepresst werden kann.
Audio-Mastering
Am Anfang der Kette, um zu Hause genussvoll Platten zu hören, steht die Musikaufnahme, das sogenannte Tracking. Im zweiten Schritt erfolgt die Abmischung.
Im dritten Schritt setzt das Audio-Mastering an. Hier hat sich der Kurzbegriff ‚Mastering‘ durchgesetzt. Das Mastering ist die Nachproduktion, sprich die (künstlerische) Nachbearbeitung und Editierung des Klang- bzw. Datenmaterials.
Das Audio-Mastering ist ein Zwischenschritt auf den Weg von der Musikaufnahme zum Drehteller, der ebenfalls wieder Ingenieursarbeit erfordert. Diese Leistungen erbringen klassische Tonstudios mit ihren Toningenieuren oder spezielle Mastering-Studios, in denen sich Mastering-Ingenieure ausschließlich mit der klanglichen Angleichung und Verbesserung von Musikaufnahmen befassen.
Das richtige Audio-Mastering im Voraus ist sehr wichtig. Die Tracks gilt es bestmöglich auf den maximalen Lautstärkepegel und das optimale Frequenzspektrum einzustellen, das eine Vinyl-Platte wiedergeben kann.
Technisches-Mastering
Das Audio-Mastering ist ein sehr komplexes Thema, dass mehr als einen Journalbeitrag erfordert. Um den Prozess der Herstellung von Platten zu verstehen, gehen wir an dieser Stelle weiter zum nächsten Arbeitsschritt.
Unter dem technischen Mastering versteht man die Schneideproduktion und die Anfertigung von Master-Platten. Es ist die letzte Instanz, bevor die industrielle Pressung der Platten startet.
Um Master für die Pressung der Schallplatten herzustellen, gibt es zwei Wege:
- Lackschnitt
- Direct Metal Mastering (DMM)
Manche Presswerke haben ihre eigene Produktion für das technische Mastering, andere dagegen geben die Aufträge an darauf spezialisierte Firmen.
Lackschnitt
Der Lack-, auch Folienschnitt genannt, ist das traditionelle, jedoch sehr komplexe Verfahren. Wobei zu beachten ist, dass die häufig benutzte Bezeichnung des Folienschnittes irreführend ist. Es handelt sich nicht um eine Folie, sondern um eine dünne, schwarze, völlig plane Scheibe. Sie enthält einen Aluminium-Kern, der mit einem Nitrozellulose-Lack beschichtet ist.
Schritt 1: Erstellung des „Vaters“
- Ein beheizter Schneidstichel aus Rubin oder Saphir fräst die Rillen in den Lack
- Um die Lackplatte elektrisch leitend zu machen, erfolgt eine Beschichtung mit Silber
- Danach wird die Lackplatte galvanisch verkupfert oder vernickelt
- Ist die gewünschten Dicke der Metallschicht von etwa 0,5 mm erreicht, wird sie von der Folie getrennt und das Negativ, der „Vater“, entsteht
Schritt 2: Erstellung der „Mütter“
- Vom Vater werden in weiteren galvanischen Verfahren mehrere Positive, sprich “Mütter”, erstellt
- Die Mütter werden akustisch und optisch kontrolliert
Schritt 3: Erstellung der „Söhne“
- Die Mütter, die durch die Kontrolle kommen, werden wiederum in eine Trennlösung gegeben und anschließend in ein weiteres galvanisches Bad
- Dabei entstehen die eigentlichen Pressmatrizen, die „Söhne“
Schritt 4: Die Chrombeschichtung
- Der letzte Schritt dieses Verfahrens der Vinyl Pressung ist die Chrombeschichtung. Durch diesen Zusatz erhöht sich die Haltbarkeit der Platten.
Direct Metal Mastering
Die TELDEC Schallplatten GmbH führte zu Beginn der 1980er Jahre das Direct Metal Mastering Verfahren, kurz DMM, ein. Ein deutlich vereinfachtes Verfahren zur Produktion einer Schallplatte.
Die Fertigung des “Vaters” entfällt. Der Schnitt erfolgt in eine Kupferschicht, die auf einer Edelstahlplatten aufbracht ist, von der dann unmittelbar die „Söhne“ erstellt werden. Dadurch, dass diese Kupferschicht von dem Schneidestichel direkt geschnitten wird, entstand der Begriff Direct-Metal-Mastering.
Vor- und Nachteile
Schallplatten: Pro DMM – Contra Lackschnitt
Prinzipiell ist ein Verfahren mit weniger Arbeitsschritte weniger störanfällig, da weniger Schritte weniger Störfaktoren beziehungsweisen Fehlerquellen bedeuten. Das Schreiben in die Lackfolie ist ein Vorgang, der aufgrund seiner Komplexität und seines Materials mehr Unwägbarkeiten und Arbeitszeit mit sich bringt:
- Angefangen beim Material. Die Nitrozellulose ist instabil. Lackplatten können nicht mit absolut konstanter Qualität gefertigt werden. Sie sind empfindlich bei klimatischen Einflüssen wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Liegen sie beispielsweise bei feuchtem Wetter in der Nähe eines geöffneten Fensters, könnte es bereits passieren, dass sie unbrauchbar werden.
- Zudem sind die Lackplatten elastisch und beim Zurückfedern des Schneidstichels können sich bereits geschnittene Rillen verformen, was wiederum die benachbarten Rillen beeinflusst. Es können Vor- und Nachechos entstehen. Kupfer ist ein hartes Metall, das dafür kaum anfällig ist.
- Das Lackplatten deutlich sensibler sind, zeigt sich auch daran, dass das Gelingen des Schnitts von der richtigen Temperatur des Schneidstichels und von der Größe der Konterfacette abhängig. Eine wohldosierte Beheizung des Stichels und der Konterfacette sind notwendig. Die Rillenoberfläche, die durch das Abheben des Spans aufgeraut ist, muss wieder geglättet werden, um Rillengeräusche weitestgehend zu vermeiden. Zeitgleich muss aufgepasst werden, dass keine Lackteilchen am Stichel festbrennen und zu Mitreißern führt.
- Hat man eine schwierige Überspielung, wie beispielsweise eine impuls- und dynamikreiche Klavieraufnahme, kommt es häufig vor, dass man mehrmals von vorne anfangen muss.
- Der Schritt der Versilberung bedarf einer besonderen Sorgfalt. Eine extrem dünne und gleichmäßige Anlagerung der Silberatome ist erforderlich, wenn die Rille später nicht übermäßig rauschen soll.
Schallplatten: Pro Lackschnitt – Contra DMM
- Die Tiefen sind die Domäne des Lackschnitts. Für Musikmaterial, das extreme Tiefe und gewaltige Bässe enthält, ist die weiche Lackfolie das Mittel der Wahl. Um die tiefen Auslenkungen des Schneidestichels in die harte Kupferplatte zu schneiden, ist deutlich mehr Energie erforderlich.
- Die Haltbarkeit ist ein weiteres gewichtiges Argument für den traditionellen Lackschnitt und leitet sich ebenfalls aus der Rillentiefe ab. Im DMM Verfahren gefertigten Plattenmaster haben eine geringere Rillentiefe und damit eine schlechtere Haltbarkeit.
- Darüber hinaus lassen sie im Gegensatz zu der Vinyl Pressung durch Lacküberspielung nur einen geringeren Wiedergabepegel (Auslenkung) der Aufnahmen zu.
- Es mag nicht für sehr hochwertige DMM-Arbeiten gelten, doch das Ergebnis eines sorgfältig ausgeführten Folienschnittes ist für viele ein Argument für den traditionellen Lackschnitt. Der seidige und wärmere Klang ist eher typisch für das Analoge. Ein DMM-Schnitt bringt schon mal etwas CD-ähnliches mit sich.
Mehr Wissen
Nächste Themen für unsere Serie ‚Vinyl für Jungfrauen‘ sind die Pressung sowie eine nützliche Übersicht aller Formate. Wer jetzt sein Wissen rund um die Vinyl-LP ausbauen möchte, dem empfehlen wir: