Entstehungsgeschichte der Vinyl-LP

Vinyl für Jungfrauen – Teil I. Erfinder.

Vinyl boomt nun schon seit fast einer Dekade. Weltweit hängt das schwarze Gold zunehmend die silbrig glänzenden CDs ab. Die Platte ist zum einzigen physischen Tonträger avanciert, dessen Verkaufszahlen seit Jahren wieder wachsen. Der Bundesverband der Musikindustrie meldet kontinuierlich beeindruckende Zahlen. Zuletzt, dass der Schallplatten-Umsatz in Deutschland von 2019 auf 2020 um satte 25% von 79 auf 99 Millionen Euro gewachsen ist.

Demzufolge ist es nicht verwunderlich, dass die Begriffe Vinyl, LP, Schallplatte, kurz Platte oder auch Scheibe wieder in unserem Alltag auftauchen. In der Familie, bei Freunden und Bekannten spricht man wieder über Platten. In Städten entdeckt man wieder Plattenläden. Auf Covern von Hifi-Fachzeitschriften präsentieren große Hersteller abwechselnd ihre neuen Phonogeräte. Interior-Designer arbeiten mit dem Charme der analogen Geräte und im Loungebereich von Hotels und Bars tönt warme Musik von Plattenspielern.

Doch wie so oft kennt man durchaus das Endprodukt, aber man beschäftigt sich nicht mit der Entstehung und der Produktion. Für alle, die gerne Musik hören, den Charme von Platten mögen und das Wissen haben möchten, starten wir jetzt die Serie „Vinyl für Jungfrauen“.

Erfinder der Vinyl-Langspielplatte

Wer hat die Langspielplatte eigentlich erfunden? Und wann war das? Fairerweise muss man sagen, dass Langspielplatten nicht das Werk eines Einzelnen sind. Die Erfindung ist in Etappen verlaufen. Doch als „offizielle“ Geburtsstunde der echten LP, wie wir sie heute kennen mit 33 ⅓ oder 45 Umdrehungen, Microrille und Vinyl als Pressmaterial, gilt das Jahr 1948[1].  

Das Jahr, in dem Peter Carl Goldmark bei Columbia Records die erste Vinyl-LP zur Serien-Reife brachte. Eine Entwicklung, für die er in die National Inventors Hall of Fame aufgenommen wurde. Präsident Carter überreicht ihm 1977, nur wenige Tage vor seinem Tod, die Nationale Medaille der Wissenschaften. Dabei soll er gesagt haben, dass er ihm besonders dankbar sei für die Entwicklung der Langspielplatte [2].

Goldmark war ein in Budapest geborener US-amerikanischer Ingenieur, der sich die Anerkennung zu einem der weltweit führenden Innovatoren und Erfinder im Bereich der Elektronik sicherte.  Als leitender Ingenieur bei Columbia Broadcasting System (CBS) führte er in den 1940igern bereits den ersten erfolgreichen Farbfernseher auf Basis des Field Sequential Systems vor. An den Entwicklungen von Fotokopien, Audio-Kassetten und dem Videorecorder trug er entscheidend bei. 

Die Vorteile gegenüber dem Vorgänger

Kern von Goldmark‘s neuer Entwicklung in der Aufnahmetechnik war das Pressmaterial. Sie nutzten Kunststoff. Durch Polymerisation von Vinylchlorid entstand das Polyvinylchlorid (PVC), für das sich umgangssprachlich die Benennung Vinyl (altgriechisch ὕλη hyle, Stoff/Materie) etablierte.

Am 21. Juni 1948 präsentierte Goldmark‘s Chef, der Columbia-Records-Präsident Edward Wallerstein, die Entwicklung. Medienwirksam im New Yorker Hotel Waldorf ­Astoria demonstrierte er die Vorteile der Vinyl-LP gegenüber den Vorgängerplatten aus Schelllack.

  • Wallerstein ließ bei der Presseveranstaltung zwei Stapel aufbauen. Auf der einen Seite 325 Musikstücke auf 78er-Schellackplatten, auf der anderen Seite dieselbe Titel-Anzahl aus Vinyl-LPs. Der Schellackturm erreicht die Höhe von 2,44 Meter, der Vinyl-Turm gerade mal 38 Zentimeter.
  • Zudem hatte Goldmann es geschafft, die Spielzeit von 3 bis maximal 4 Minuten auf über 20 Minuten pro Plattenseite zu erhöhen und zeitgleich Störgeräusche zu verringern. Um dies zu demonstrieren nahm Wallerstein eine klassische Symphonie-Aufnahme vom Schellack-Stapel und spielt sie vor. Nach vier Minuten brach sie mitten in einem Satz ab. Anschließend ließ er dieselbe Symphonie auf einer Vinyl-LP folgen – ohne Unterbrechung und in besserer Tonqualität.
  • Durch das neue Pressematerial aus Kunststoff reduzierte Columbia Records nicht nur das Gewicht und erhöhten durch deutlich schmalere Rillen (Mikroschrift) die Abspielzeit und Tonqualität, sie machten die Platte auch für die breite Masse erschwinglich. Musste man früher für die gesamte von Wallerstein abgespielte Komposition fünf Schellacks zu 7.25 Dollar kaufen, war nun das ganze Werk auf einer Vinylplatte für 4.85 Dollar zu haben.

Mit der Veröffentlichung dieser ersten Vinyl-LP in 1948 erschuf Columbia einen neuen Standard bei analogen Schallplatten, der über Jahrzehnte zur Norm der generellen kommerziellen Musikvervielfältigung wurde.

Mehr Wissen

Nächsten Samstag veröffentlichen wir den zweiten Teil der Serie ‚Vinyl für Jungfrauen‘ und geben einen Überblick über die Produktionsmethoden. Wer jetzt sein Wissen rund um die Vinyl-LP ausbauen möchte, dem empfehlen wir unsere Journalbeiträge:


[1] Die ersten Langspielplatten – der lange Weg zur Vinyl LP – Grammophon und Schellackplatten Portal 78rpm (grammophon-platten.de)

[2] hifimuseum.de